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Datenschutz im Bewerbungs­gespräch

Obwohl nicht auf den ersten Blick erkenntlich, sind auch auf Bewerbungsgespräche die Bestimmungen des Datenschutzes und somit des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) und anderer einschlägiger Rechtsvorschriften anwendbar. Das ergibt sich daraus, dass Auskünfte, die Bewerber im Gespräch zu ihrer Person machen, personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG sind, da diese als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse des Bewerbers gewertet werden müssen.


Rechtlicher Hintergrund

Dadurch, dass der (potentielle) Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch nach Daten fragt oder der Bewerber diese Angaben von sich aus tätigt, liegt eine datenschutzrechtliche Erhebung von Daten durch den Arbeitgeber vor (§ 3 Abs. 3 BDSG). Diese ist gemäß § 4 Abs. 1 BDSG nur zulässig, wenn das BDSG oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. In Bezug auf die Datenerhebung im Rahmen von Einstellungsgesprächen kommt § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zur Geltung, denn dieser erlaubt die Erhebung, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung von Beschäftigungsverhältnissen erforderlich ist. Die Vorschrift erlaubt somit nicht nur die Erhebung, sondern zeigt auch gleichzeitig die Grenze des Zulässigen auf. Dies korrespondiert teilweise mit den Anforderungen des AGG.

Im Folgenden werden die einzelnen Punkte angesprochen, die oftmals Gegenstand eines Bewerbungsgesprächs sein sollen. Dabei wird geklärt, ob dieses Vorhaben aus Datenschutzsicht zulässig ist. Hierbei wird auch berücksichtigt, dass einige Daten den besonderen personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG zuzuordnen sind und somit einem restriktiveren Schutz unterliegen.

Name, Adressdaten, Kontaktdaten, Schulabschluss, Zeugnisse und Lebenslauf

Diese Daten sind in aller Regel bereits Teil der schriftlichen Bewerbung. Sollte dies nicht der Fall sein, so sind Fragen nach diesen im Bewerbungsgespräch legitim, da der Arbeitgeber diese Daten bereits in der Bewerbungsphase benötigt, um abzuwägen, ob der Bewerber für die Stelle geeignet ist.

Familienstand

Ob der Bewerber verheiratet, verlobt oder in einer Beziehung lebt oder nicht, darf im Bewerbungsgespräch nicht erfragt werden, da entsprechende Angaben nicht für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind. Das gilt auch für Angaben zu Kindern. Angaben zu Anzahl und Geschlecht von Kindern dürfen nicht erhoben werden. Grundsätzlich gilt, dass keine Daten, die sich auf Lebenspartner oder Kinder beziehen, im Bewerbungsgespräch erhoben werden dürfen. Ebenso ist die Frage nach Hochzeits- oder Kinderwünschen nicht gestattet. Ausnahmen gelten nur für Arbeitgeber/Einrichtungen mit religiösen Tendenzen.

Religionszugehörigkeit und philosophische Überzeugungen

Angaben zur Religionszugehörigkeit sowie zu philosophischen Überzeugungen dürfen im Bewerbungsgespräch ebenfalls nicht eingeholt werden, da nicht ersichtlich ist, warum diese für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sein sollten. Zudem sind dies besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG und sind somit besonders schützenswert. Wie bei Angaben zum Familienstand gilt auch hier, dass für Arbeitgeber/Einrichtungen mit religiösen Tendenzen Ausnahmen bestehen.

Staatszugehörigkeit sowie rassische und ethnische Herkunft

Angaben zur Staatsangehörigkeit sowie zur rassischen und ethnischen Herkunft sind im Bewerbungsgespräch nicht zulässig. Im Hinblick auf Diskriminierungsaspekte sollen diese nicht in die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses einfließen. Außerdem sind Angaben zur rassischen und ethnischen Herkunft besondere personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG und somit besonders geschützt.

Lohnpfändungen und Vermögensverhältnisse

Fragen zur Einkommenspfändung und zu den Vermögensverhältnissen sind im Bewerbungsgespräch nicht zulässig. Ob eine Lohnpfändung vorliegt oder nicht, wird dem Arbeitgeber über kurz oder lang nach einer tatsächlichen Einstellung des Bewerbers bekannt werden. Da solche Angaben aber grundsätzlich nicht für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind und solche Angaben von Bewerbern, die eine Absage erhalten, auch im Nachgang nicht bekannt werden, dürfen solche Daten im Bewerbungsgespräch noch nicht erhoben werden. Eine Zulässigkeit solcher Fragen ist nur vorstellbar, wenn der Bewerber für die Finanzen im Unternehmen verantwortlich werden soll, da hier ein besonderes Vertrauensverhältnis herrschen muss, und eine Überschuldung des Arbeitnehmers darauf hinweisen könnte, dass der Arbeitnehmer nicht für die Position geeignet ist.

Wehrdienst und Reserve

Die Wehrpflicht ist zwar abgeschafft worden, dennoch ist die Frage für den Arbeitgeber von Bedeutung, da Bewerber unter Umständen Reservisten sein können und in diesem Fall u.U. dazu verpflichtet sind, regelmäßig an Wehrübungen teilzunehmen. Dies wird in aller Regel mit Ausfallzeiten des Bewerbers verbunden sein. Dem Arbeitgeber muss es vor der Einstellung möglich sein, darüber zu entscheiden, ob solch ein Bewerber eingestellt werden soll. Demnach ist die Frage zulässig. Es sollte jedoch beachtet werden, dass, wenn der Arbeitnehmer keinen Wehrdienst geleistet hat, nicht nachgefragt werden darf, was der Grund dafür ist bzw. was er stattdessen getan hat, da dies für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich nicht erforderlich ist.

Ehrenamt

Die Frage danach, ob ein Bewerber ein Ehrenamt bekleidet, kann berechtigt gestellt werden, da für den Arbeitgeber durchaus interessant ist, ob ein Bewerber sozial oder anderweitig engagiert ist und dadurch besondere Schlüsselqualifikationen zu erwarten sind. Auch der Bewerber wird sich in aller Regel durch seine ehrenamtliche Betätigung eine positive Auswirkung auf seine Bewerbung erhoffen.

Stasiangehörigkeit

Eine Datenerhebung über eine mögliche Stasiangehörigkeit in der ehemaligen DDR ist in Bewerbungsgesprächen für eine Stelle in der Privatwirtschaft nicht zulässig. Eine Ausnahme hiervon gilt jedoch, wenn die Stelle eine Führungsposition darstellt, da in solch einem Fall dem Informationsinteresse des Arbeitgebers mehr Bedeutung zukommt. Dieser muss bei der Besetzung einer Führungsposition fähig sein, einen Bewerber auszuwählen, welcher den Anforderungen einer Führungsposition gerecht wird. Eine Stasiangehörigkeit könnte den Arbeitnehmern gegenüber einen negativen Eindruck erwecken und dem Vertrauensverhältnis schaden (s.a. ArbG Leipzig, 16 Ca 2828/94).

Ausbildungsort, letzter Arbeitgeber und Berufserfahrung

Diese Angaben dürfen im Bewerbungsgespräch erfragt werden, da sie für den Arbeitgeber als erforderlich angesehen werden können. Er kann sich oftmals ein Bild über die Qualität der Berufsausbildung machen, die der Bewerber durchlaufen hat oder über die beruflichen Anforderungen, die bisher an den Bewerber gestellt wurden (s.a. LAG Hamm, 18 Sa 2136/93).

Freizeitinteressen und Hobbys

In Bezug auf Fragen zu den privaten Aktivitäten des Bewerbers muss differenziert werden. Grundsätzlich sind diese unzulässig. Die private Freizeitgestaltung hat im Regelfall keine Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis. Ausnahmen hiervon sind besonders gefährliche Sportarten. Der Arbeitgeber kann ein berechtigtes Interesse daran haben, zu wissen, ob der Bewerber privaten Tätigkeiten nachgeht, die zu einem Arbeitsausfall des Bewerbers führen könnten. Dies betrifft z. B. Fallschirmspringen, Drachenfliegen, oder Auto-/Motorradrennfahren, hingegen muss der Bewerber aber keine Angaben über Skifahren oder Bergsteigen machen. Um diesen Vorgaben in der Praxis gerecht zu werden, empfiehlt es sich, den Bewerber nicht nach einzelnen Sportarten zu fragen, sondern zu fragen, ob er besonders gefährlichen Sportarten nachgeht.

Wettbewerbsverbote

Der Arbeitgeber darf den Bewerber stets fragen, ob er sich seinem alten Arbeitgeber gegenüber verpflichtet hat, für einen gewissen Zeitraum nicht bei der Konkurrenz zu arbeiten, denn sollte der Arbeitgeber einen entsprechenden Mitarbeiter einstellen, so könnte dies für ihn nachteilige Konsequenzen haben.

Gesundheit

Auch bei Fragen zur Gesundheit muss unterschieden werden. Entsprechende Daten sind durch § 3 Abs. 9 BDSG als besondere Arten personenbezogener Daten definiert und unterliegen einem strengeren datenschutzrechtlichen Schutz. Um die Belegschaft zu schützen, ist es jedoch erlaubt, dass der Arbeitgeber den Bewerber nach ansteckenden Krankheiten fragt. Nach vergangenen Krankheiten darf nur eingeschränkt gefragt werden. Diesbezüglich ist nur die konkrete Frage danach zulässig, ob der Bewerber Krankheiten hatte, die in Zukunft wieder ausbrechen könnten. Darüber hinaus ist die Frage nach chronischen Krankheiten zulässig, die den Bewerber in seiner zukünftigen Tätigkeit beeinträchtigen könnten. Anderweitige Angaben zur Gesundheit sind im Bewerbungsgespräch nicht zu erheben (s.a. ArbG Stuttgart, 12 Ca 938/92).

Gewerkschaftszugehörigkeit

Daten über eine Gewerkschaftszugehörigkeit dürfen im Bewerbungsgespräch nicht erhoben werden, da dies in die Entscheidung über die Begründung einer Beschäftigung nicht mit einbezogen werden darf und somit auch für die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht erforderlich ist. Sie sind den besonderen personenbezogenen Daten des § 3 Abs. 9 BDSG zuzurechnen und dadurch speziell geschützt.

Politische Einstellung und Parteizugehörigkeit

Grundsätzlich sind politische Einstellungen und Parteizugehörigkeiten keine Daten, die zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich wären. Entsprechende Daten sind, wie Daten zur Gesundheit und zur Gewerkschaftszugehörigkeit, durch § 3 Abs. 9 BDSG als besondere Arten personenbezogener Daten definiert, unterliegen einem strengeren datenschutzrechtlichen Schutz und sind Bestandteil der Meinungsfreiheit einer jeden Person. Gegenteiliges kann nur für politische Einrichtungen und Parteien gelten.

Alkoholkonsum

Eine Datenerhebung über den Alkoholkonsum des Bewerbers ist nicht zulässig. Diese können unter Umständen als besondere personenbezogene Daten des § 3 Abs. 9 BDSG gewertet werden, da sie eine gesundheitliche Relevanz aufweisen können. Angaben hierzu dürfen nur erfasst werden, wenn der Mitarbeiter diese von alleine, bei Fragen zu chronischen Krankheiten, Krankheiten die erneut auftreten können oder tätigkeitseinschränkenden Krankheiten, anführt.

Schwangerschaft

Grundsätzlich ist eine Datenerhebung zur Schwangerschaft im Bewerbungsgespräch nicht erlaubt. Auch solche Angaben können als besondere personenbezogene Daten zur Gesundheit im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG gewertet werden. Es bestehen jedoch wenige Ausnahmen, die eine solche Datenerhebung zulassen. Dies ist zumindest gegeben, wenn ein gesetzliches Verbot für die Beschäftigung von Schwangeren auf der vorgesehenen Stelle besteht oder die Tätigkeit mit zu hoher körperlicher Anstrengung für eine schwangere Frau verbunden ist. Hierüber gibt § 4 MuSchG weiter Auskunft. Ferner darf der Arbeitgeber nach einer Schwangerschaft fragen, wenn die zu vergebende Stelle befristet ist, die Stelle durch den gesetzlichen Mutterschutz nach Einstellung unbesetzt bleiben würde, und die Stelle somit praktisch für den befristeten Zeitraum gar nicht besetzt werden würde. Dies kann jedoch nicht gelten, wenn mit neuen Mitarbeitern generell nur befristete Verträge geschlossen werden.

Behinderungen

Die Frage nach einer Behinderung betrifft grundsätzlich besondere personenbezogene Daten zur Gesundheit, welche einen besonderen Schutz genießen. Es darf jedoch nach einer Schwerbehinderung von mehr als 50 % gefragt werden, da ab dieser Grenze Probleme im betrieblichen Ablauf auftreten können. Dies muss der Arbeitgeber bei der Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses wissen dürfen.

Vorstrafen

Vorstrafen werden zwar durch das BDSG nicht besonders geschützt, gelten aber als personenbezogene Daten. Ob nach diesen im Bewerbungsgespräch gefragt werden darf, richtet sich nach den näheren Umständen. Der Arbeitgeber darf nicht generell nach Vorstrafen fragen, sondern muss ausdrücklich nach solchen fragen, die für die Tätigkeit negativ behaftet sein können. So dürfen z. B. Personen, die finanzielle Tätigkeiten ausüben sollen nach einschlägigen Vorstrafen gefragt werden. Hierbei ist unter anderem an Betrug oder Unterschlagung zu denken. Soll eine Stelle als Kraftfahrer besetzt werden, so darf nach Verkehrsdelikten gefragt werden. Bewerber für eine Stelle in der Betreuung dürfen demnach nach Vergehen an Schutzbefohlenen gefragt werden. (s.a. ArbG Münster, 3 Ca 1459/92)

Berufliche und persönliche Ziele

Macht der Bewerber auf Fragen zu den beruflichen und persönlichen Zielen Angaben, so ist es zulässig, sich diese zu notieren. Dem Arbeitgeber muss es gestattet sein, entsprechende Angaben bei der Beurteilung des Bewerbers zu berücksichtigen.

[infobox title=’Wichtiger Hinweis‘]Unsere Empfehlungen entspringen der gesetzlichen Pflicht aus § 4g Abs. 1 Satz 1 BDSG, auf die Einhaltung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz hinzuwirken. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass wir weder weisungsbefugt sind, noch auf Änderungen an Ihren geschäftlichen Abläufen bestehen wollen.

Es muss beachtet werden, dass an das Bewerbungsgespräch und an zugehörige Vorgänge weitere Anforderungen und Verbote aus dem AGG hinzukommen können sowie Gerichtsurteile und Beschlüsse immer weitere Grundsätze zu diesem Thema schaffen. Es ist empfehlenswert auch diese zu berücksichtigen.[/infobox]


Stand: 2017
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